Traumatherapie mit Somatic Experiencing

Bevor ich einige Anmerkungen zum methodischen Vorgehen bei Traumafolgestörungen mache, stellt sich die Frage:

Was ist eigentlich „ein Trauma“?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn jedes Ereignis kann zu einem Trauma werden. Charakteristisch für ein Trauma ist die völlige Überwältigung. Die Betroffenen erleben lähmende Hilflosigkeit und Ohnmacht bei gleichzeitig höchster Alarmbereitschaft des Körpers. Das heißt, sie können weder kämpfen noch fliehen, um sich zu schützen und sich in Sicherheit zu bringen. Unser Körper mobilisiert aber IMMER Überlebensenergie, auch wenn das Ereignis so schnell über die Betroffenen hereingebrochen ist, dass sie vermeintlich kaum etwas davon mitbekommen haben. Das Nervensystem reagiert zuverlässig mit der Bereitstellung von Überlebensenergie in Milli-Bruchteilen von Sekunden.

Da ich in meiner Praxis mit der Methode „Somatic Experiencing“ (SE)® arbeite, stelle ich Ihnen kurz vor, wie dort die Traumafolgestörungen eingeordnet werden (besser wäre noch von Reaktionen auf das Trauma zu sprechen als von Störungen). Darauf aufbauend werden Methoden eingesetzt, die dem Körper – im SE spricht man gerne vom Nervensystem – helfen, den Stress, der noch nicht abgebaut werden konnte, langsam wieder aufzulösen. Erleben wir äußere und innere Sicherheit regt unser Nervensystem den Stressabbau an und der Körper kann sich langfristig wieder beruhigen.

Traumafolgestörungen im SE

Dr. Peter Levine, der Begründer des Somatic Experiencing, führt das Steckenbleiben der überschüssigen Energie aus dem belastenden Ereignis darauf zurück, dass der Betroffene seine natürlichen Schutz- und Abwehrstrategien während des Ereignisses nicht abbauen konnte (mehr dazu unter „Für diejenigen, die mehr wissen möchten“). Solange der Stress noch nicht abgebaut ist, befindet sich der Körper in einem Alarmzustand. Die noch nicht abgebauten Stresshormone lösen immer wieder diesen Alarm aus.

Was ist Somatic Experiencing (SE)®?

Somatic Experiencing ist eine körperorientierte und sehr sanfte Methode zur Auflösung von traumatischem Stress. Dr. Levine geht davon aus, dass das Nervensystem die nicht zur Abwehr eingesetzten Stresshormone wieder abbauen oder, wie er es nennt, „entladen“ kann. Dabei ist es wichtig, sehr langsam und in kleinen Schritten vor-zu-gehen.

Vereinfacht könnte man sagen, dass im SE der Raum für die körperliche und emotionale Entladung von überschüssiger und gebundener Energie zur Verfügung gestellt wird. Dabei ist es wichtig, dass es nicht zu einem wilden Ausagieren von blockierten Empfindungen und Gefühlen kommt. In diesem Fall besteht die Gefahr einer erneuten Überflutung des Nervensystems. Fühlen und Erleben findet NUR im Augenblick statt. „Gefühle von Damals“ können nicht gefühlt werden. Deshalb ist es wichtig, im Hier und Jetzt präsent zu sein, jede Empfindung einer körperlichen oder emotionalen Regung zuerst zu fühlen und dann bewusst UND verlangsamt zu lösen oder auszudrücken. Wenn die überschüssige Energie entladen werden konnte, stellt sich mit der Zeit ohne weiteres Zutun wieder positive Lebensenergie ein.

Mögliche Symptome von Trauma

Mögliche Symptome können Nervosität und Reizbarkeit, innere Unruhe, starke emotionale Schwankungen, unerklärliche Ängste und Panikattacken, Schlafstörungen, Hypersensibilität, Zwänge, depressive Verstimmung, Schmerzen u.a. psychische wie auch körperliche Beschwerden sein.

Wie wirkt Somatic Experiencing?

Das Erleben von Sicherheit ist entscheidend, um auf funktioneller Ebene Veränderungen im Nervensystem zu bewirken. Aus diesem Grund wird im SE immer wieder auf das Erleben von Sicherheit eingegangen. So lernen Sie besser zu unterscheiden, wann Sie in einen für Sie beängstigenden oder bedrohlichen Zustand geraten und wie Sie schrittweise wieder innere Sicherheit herstellen können. Dadurch wird der Prozess der Selbstregulation angeregt und die natürlichen Rhythmen von Anspannung und Entspannung finden wieder zu Ihnen zurück. Gerne begleite ich Sie dabei.

Die Bedeutung der Ressourcen im Somatic Experiencing

SE hat neben der Präsenz im Hier und Jetzt und der Entschleunigung vor allem Ihre Ressourcen und inneren Kraftquellen im Blick. Erst wenn der Boden gut bereitet ist, wenn der Kontakt zur eigenen Kraft da ist, kann das Nervensystem beginnen, sich neu auszurichten, sich selbst zu regulieren und chronifizierte Spannungen zu lösen.

Für wen ist SE geeignet?

Fühlen Sie sich in Ihrer Lebensfreude, in Ihrer Lebensgestaltung oder in Ihrer Fähigkeit, gesunde Beziehungen aufzubauen, beeinträchtigt? Fehlt es Ihnen an sicheren Bindungserfahrungen oder sind Sie immer noch von einem Schockerlebnis erschüttert und haben seither Schwierigkeiten, wieder in einen wohltuenden Kontakt mit anderen Menschen zu kommen? Wenn Sie etwas davon anspricht, könnte SE für Sie geeignet sein.

Was noch erwähnenswert ist

Wenn das Ereignis für Sie zu belastend ist, um darüber zu sprechen, ist es möglich, in einer SE-Sitzung ohne Inhalt zu arbeiten. Die Sitzung konzentriert sich mehr auf die Spuren und Nachwirkungen des traumatischen Ereignisses als auf das Ereignis selbst. Ihr Wohlbefinden wird angestrebt, so dass Ihr inneres Gleichgewicht in Ihnen Räume findet, in denen es sich gerne aufhalten mag.

Wie Somatic Experiencing (SE)® entstand

Dr. Peter Levine erforscht seit mehreren Jahrzehnten, wie es uns gelingen kann, die Selbstregulation des Körpers zu mobilisieren, chronischen traumatischen Stress in uns zu verarbeiten und uns so von körperlichen und psychischen Symptomen zu befreien. Wissenschaftliche Studien* belegen, dass SE eine positive Wirkung auf die Posttraumatische Belastungsstörung hat.

*1)Brom, Stokar, Lawi, Nuriel-Porat, Ziv, Lerner und Ross, 2017 Journal of Traumatic Stress

2)Andersen, Lahav, Ellegard und Manniche, 2017 European of Psychotraumatology

Der Text ist angelehnt und teilweise aus dem Praxismaterial und Merchandising „Flyer“ von Somatic Experiencing® Deutschland entnommen.

Anmerkung

Somatic Experiencing lässt sich gut mit anderen Methoden wie den Hynosystemischen Ansätzen nach Milton Erickson und anderen lösungsorientierten und systemischen Ansätzen kombinieren. Mir ist es wichtig, Ihnen eine Vielfalt von Methoden anbieten zu können, die in ihren Grundhaltungen, Werten und Überzeugungen in Bezug auf Traumafolgereaktionen eine wohltuende Ähnlichkeit bieten und dennoch von Ergänzungen profitieren können.